Wenn ein profilierter bildender Künstler wie Ralph Hübschmann fast ausschließlich Holz als Material für seine Skulpturen verwendet, dann befindet er sich damit keineswegs auf dem Holzweg. Ein Holzweg ist der ursprünglichen Bedeutung nach ein Weg, der nur dazu geschlagen wurde, um Holz aus dem Wald herauszuziehen. Er hat keinen Ausgang, sondern führt nur immer tiefer ins Unterholz. Nein, auf einer solchen Sackgasse bewegt sich Ralph Hübschmann keineswegs.
Im Gegenteil: mit der Hinwendung zu einem natürlichen Grundstoff wie dem Holz befindet sich der Künstler in einem weltweiten Trend. Es handelt sich um eine immer stärker werdende Gegenbewegung gegen die Globalisierung in der postmodernen Kunst und besonders gegen die Verwendung von immer mehr High Tech und synthetischen Materialien in der zeitgenössischen Plastik.
Künstler wie Ralph Hübschmann sind keine hinterwäldlerischen Herrgottsschnitzer, sie wollen nicht zurück ins kunstgewerbliche Biedermeier, sondern folgen einer Zeitströmung, die eine Rückkehr zur Natur und – um im Bilde zu bleiben – zu den Wurzeln der menschlichen Existenz einfordert. Seit der Debatte um das Waldsterben ist der „Bruder Baum“ zu einem Leitbild für eine alternative Lebensweise geworden, die seit Joseph Beuyss auch ihren Niederschlag in der zeitgenössischen Kunst findet. Überall, in Nord- und Südamerika, in den Ländern Zentralafrikas oder in Indien, werden die traditionellen, vor allem auf die Verarbeitung von Holz gegründeten Künste der Völker wieder entdeckt. Diese Entwicklung gilt ganz gewiss auch für Deutschland, wo die Holzbildnerei eine über tausend Jahre alte Geschichte hat. Die aus Holz gefertigten Altarbilder von Veit Stoß und Tilmann Riemenschneider gehören zu den bleibenden Kunstschätzen der ganzen Menschheit und üben bis heute einen zumindest indirekten Einfluss auf den Stil der Holzkünstler aus.
Ralph Hübschmann stammt aus Thüringen, dem waldreichen Kernland im Herzen Deutschlands, in dem das Schnitzen und Drechseln, die handwerkliche und künstlerische Holzverarbeitung seit Jahrhunderten gepflegt werden. In der DDR galt diese Kunst jedoch als reaktionär und wurde ideologisch verdächtigt. Das „Zentralhaus für Kulturarbeit“ in Leipzig wurde eigens eingerichtet, um derartige Bestrebungen zu kontrollieren und mit klassenkämpferischen Inhalten zu erfüllen. Da Weihnachtsengel nicht mehr ins atheistische Weltbild passten, wurden die Holzbildhauer angewiesen, ihre entsprechenden Werke als „Jahresendflügelpuppen“ zu umschreiben.