ART PROFIL ÜBER HOU GUANBIN

Wenn etwas überzeichnet dargeboten wird, satirisch gemalt oder in feiner Ironie verpackt, dann reichen die Reaktionen normalerweise von moralischer Entrüstung bis hin zur frenetisch bejubelten Zustimmung. Und damit ist das eigentliche Ziel des Urhebers eines solchen Sturms dann zumeist erreicht. So kreiert der aus China stammende Künstler Hou Guanbin Skulpturen, die er ganz selbstbewusst einem vorherrschenden Ideal in gewollt überzeichnender Art und Weise gegenüberstellt. Mittels seiner figuralen Schöpfungen, durch die er beispielsweise ein bestimmtes Schönheitsideal postuliert, das sich offenkundig und zwangsläufig der männlichen Fantasiewelt entlehnt und sich, in Kombination, dann als Wesen mit besonderer Bestimmung zu erkennen gibt, offenbart sich eine inszenierte Klischeehaftigkeit. Und die trifft mitten
ins anvisierte Ziel: Weil Schönheit als Begriff zwar an sich zeitlos ist, aber für sich besehen, von einer ganz bestimmten, aktuellen Epoche, dem uns prägenden Kulturkreis und unserer individuellen Erziehung abhängig ist: So aber auch vom ureigenen Verhalten, unserem vorbelasteten, erlernten Blick auf uns umgebende Menschen und Gruppen, Kulturen, Umstände, Gegenständliches sowie manch Eigenarten: Das wäre zunächst einmal bedenkenswert, ohne dabei einen Anspruch auf Vollständigkeit dieser Anregung zur Betrachtung zu erheben. So werfen auch Hou Guanbins sozialkritische, satirische Figuren einen plakativen, aber durchdringenden Blick auf eine Gesellschaft, die sich einer grundlegenden Erneuerung von Staat und Gesellschaft verweigert und die identitätsstiftende Kriterien des alltäglichen Lebens wie gesellschaftliches Rollenverhalten, Kleidung oder Sexualität immer wieder aufs Neue problematisieren muss: Dies, weil der Entwicklungsprozess einer Gesellschaft immer wieder stockt, da der alte Motor als Antrieb der Entwicklung völlig unrund, aber immer weiterläuft.